Der Konflikt im Nahen Osten eskaliert weiter. Bei "Markus Lanz" (ZDF) erläuterte Philipp Peyman Engel, warum Israels Angriffe gegen den Iran gerechtfertigt seien. Mit seiner Argumentation eckte er jedoch vor allem bei Journalist Daniel Gerlach an, der eine völlig andere Meinung vertrat.

Eine TV-Nachlese
Diese TV-Nachlese gibt die persönliche Sicht von Natascha Wittmann auf die Debatte und den Auftritt der Gäste wieder. Sie basiert auf eigenen Eindrücken und ordnet das Geschehen journalistisch ein. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Israel und Iran setzen ihre gegenseitigen Raketenangriffe weiter fort. Bei "Markus Lanz" stellte sich Journalist Philipp Peyman Engel deutlich auf die Seite der israelischen Regierung, während Journalist Daniel Gerlach Kritik an Netanjahu übte. Mit seinen Worten sorgte er jedoch für Fassungslosigkeit bei Engel.

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Das Thema der Runde

"Was kann daraus erwachsen, wenn Netanjahu so lange nicht zurückweichen wird, bis er sein Ziel erreicht hat?", wollte Markus Lanz am Dienstagabend in seiner Sendung wissen. Das Ziel der endgültigen Beseitigung des iranischen Atomprogramms hat jüngst dazu geführt, dass sowohl Israel als auch Iran gegenseitige Raketenangriffe gestartet haben. Die bittere Folge? Mehrere Tote und Verletzte auf beiden Seiten. Lanz debattierte in seiner Sendung nicht nur über die Hintergründe des zu eskalieren drohenden Konflikts, sondern auch über die Reaktion von US-Präsident Donald Trump.

Die Gäste

  • CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen äußert sich zum eskalierenden Konflikt zwischen Israel und Iran: "Ich habe keinen Zweifel daran, dass das iranische Regime unumkehrbar entschlossen ist, Atommacht zu werden."
  • ZDF-Korrespondent Elmar Theveßen spricht über Donald Trumps Reaktion auf das iranische Atomprogramm: "Er wird wahrscheinlich eine Art Ultimatum in den nächsten Stunden oder Tagen formulieren an Iran."
  • Iran-Expertin Azadeh Zamirirad blickt auf die aktuelle Lage im Iran und sagt: "Ein Regimewechsel steht zumindest im Raum."
  • "Jüdische Allgemeine"-Chef Philipp Peyman Engel nimmt Stellung zu den Angriffen Israels gegen Iran: "Israel hat alles Recht der Welt, sich gegen das iranische Atomprogramm zu wehren."
  • Journalist und Nahost-Experte Daniel Gerlach hinterfragt das Kalkül von Benjamin Netanjahu: "Das sind keine Angriffe auf Atomanlagen, sondern sie richten sich gegen die militärische Führung des Iran."
Markus Lanz, Norbert Röttgen, Azadeh Zamirirad, Philipp Peyman Engel, Daniel Gerlach
Im Studio sprach Markus Lanz (l.) am Dienstag mit (v.l.n.r.) Norbert Röttgen, Azadeh Zamirirad, Philipp Peyman Engel und Daniel Gerlach. © ZDF/Cornelia Lehmann

Das Wortgefecht

Bei "Markus Lanz" rechtfertigte Journalist Philipp Peyman Engel die Angriffe Israels gegen den Iran und sagte: "Es gibt keine zivilen Opfer bislang, (...) im Gegensatz zu Tel Aviv." Der ZDF-Moderator reagierte überrascht: "Sie sagen das so absolut. Woher wissen Sie das?" Engel antwortete: "Das sind Zahlen der israelischen Regierung." Ein Argument, das Lanz nicht überzeugen konnte. Er hakte nach: "Sie schließen aus, dass es in Iran zivile Opfer gibt?" Engel stellte energisch klar: "Es gibt keine gegenteiligen Aussagen des iranischen Regimes bis jetzt. Das sind zwei sehr valide Aussagen und da muss man diese beiden Regierungen auch beim Wort nehmen."

Markus Lanz schüttelte skeptisch mit dem Kopf und wies auf die Situation vor Ort hin: "Das ist Propaganda. (...) Wenn du so schwach bist, wenn du so erwischt wirst, wenn du so dermaßen verwundbar bist, dann hast du kein Interesse daran, zu zeigen, wie viele Tote du schon hast."

Philipp Peyman Engel sah dies anders und fragte: "Wo sind die Beweise dafür, dass es zivile Opfer in Iran gibt?" Der Journalist stellte dazu klar: "Es ist im Interesse des Regimes in Iran, zu sagen, wir haben hohe zivile Opfer. Hat bislang noch nicht stattgefunden, weil es sie nicht gibt!" Iran-Expertin Azadeh Zamirirad hielt entschieden dagegen und merkte an, dass der Staat bereits "von zivilen Opfern gesprochen" habe - "von Frauen und Kindern, die ums Leben gekommen sind".

Als Journalist Daniel Gerlach vom Nahost-Magazin "zenith" zudem anmerkte, dass der Iran jüngst "auf Deeskalation" gesetzt habe und die Angriffe Israels daher nicht unbedingt legitim seien, zeigte sich Philipp Peyman Engel schockiert. Er sagte, dass er "fundamental widersprechen" müsse: "Der Iran hat auf Deeskalation gesetzt? Das ist mitnichten so!" Laut Engel habe der Iran "in den letzten 20 Jahren systematisch gelogen, betrogen und das Atomprogramm sabotiert".

Daniel Gerlach blieb dennoch bei seiner Meinung und unterstellte Benjamin Netanjahu "Erlöser-Fantasien". Engel konterte fassungslos: "Es fällt mir schwer, ruhig zu bleiben!" Als Gerlach mit einem ironischen "Es tut mir leid, dass ich Ihnen das zumuten muss" antwortete, stellte Engel klar: "Ich empfinde es als unerträglich, (...) welche Gründe alle angeführt werden, warum Israel diesen Akt der Selbstverteidigung (...) nicht durchführen darf." Der Journalist wetterte weiter: "Jerusalem hat die Pistole auf der Brust und wir diskutieren darüber, dass es innenpolitische Gründe dafür gebe, dass Israel jetzt diesen Akt der Existenzsicherung unternehmen musste."

Laut Engel habe das Regime in Teheran "spätestens am 7. Oktober 2023" Israel "den Krieg erklärt". Gerade deshalb irritiere ihn, dass viele deutsche Medien nun versuchen würden, "Jerusalem zu belehren" und Gründe zu finden, "warum der jüdische Staat sich nicht wehren darf in dieser existenziellen Situation". "Das nervt mich", so Engel deutlich. "Dieses Thema ist nicht komplex. Die Iraner sind das personifizierte Böse."

Die Offenbarung des Abends

CDU-Politiker Norbert Röttgen zeigte bei "Markus Lanz" eine deutliche Haltung im Nahost-Konflikt und stellte klar: "Iran ist ein sehr bedeutsamer Waffen-, Drohnen, Raketenausrüster für Russland in seinem Krieg gegen die Ukraine. Das hat auch eine internationale Dimension." Daher gehe es laut Röttgen im aktuellen Konflikt schlussendlich um "eine Friedensfrage", denn: "Der Schaden einer Atommacht Iran wäre enorm und die Eintrittswahrscheinlichkeit ist relativ hoch. (...) Sich dagegen zu wehren, halte ich für legitim."

In dem Zusammenhang blickte Markus Lanz auf die vorzeitige Abreise Donald Trumps vom G7-Gipfel in Kanada. Laut ZDF-Korrespondent Elmar Theveßen wolle Trump "einen letzten Versuch" unternehmen, "ob man nicht doch zu einer Verhandlungslösung mit dem Iran kommen kann". Wie Theveßen ergänzte, seien die USA jedoch "tatsächlich bereit, (...) mit gezielten Schlägen das iranische Atomwaffenprogramm komplett zu zerstören", falls Trumps "Drohungen nicht fruchten" sollten. "Worauf wartet Trump jetzt?", wollte der ZDF-Moderator wissen. Elmar Theveßen antwortete: "Er wird wahrscheinlich eine Art Ultimatum in den nächsten Stunden oder Tagen formulieren an Iran. Er macht sehr klar, um was es geht und dass es die allerletzte Chance sei."

Laut des ZDF-Korrespondenten stehe Trump vor einer großen Entscheidung: "Jetzt ist er selber möglicherweise dabei, Amerika in einen Krieg hineinzubringen." Ein Fakt, der auch bei seinen Wählerinnen und Wählern für Unbehagen sorge. Theveßen erklärte: "Es geht ein ganz tiefer Riss durch die Anhängerschaft." Der Grund? Ein großer Teil sei der Meinung, dass es "nicht unser Krieg" sei: "Das müssen Israel und Iran unter sich ausfechten."

Trotzdem könnte Donald Trump laut Theveßen am Ende keine andere Wahl haben, als militärisch einzugreifen, "weil ihm Benjamin Netanjahu und das Regime in Teheran gerade gar keine andere Möglichkeit lassen". Grund genug für Lanz, weiter nachzuhaken: "Welcher Deal schwebt Donald Trump vor?" Der ZDF-Korrespondent erklärte: "Das Idealbild für Donald Trump wäre ein Atomabkommen mit dem Iran, aber auch mit Russland. Im Grunde genommen ein großes neues Atomabkommen, für das er vielleicht am Ende den Friedensnobelpreis bekommen kann. Das ist sein Traum." Elmar Theveßen sah dies jedoch skeptisch: "Der Zug ist verpasst. Jetzt werden wir in den nächsten Tagen eher eine große Eskalation erleben."

Der Erkenntnisgewinn

Bei "Markus Lanz" wurde deutlich, wie komplex der Konflikt im Nahen Osten wirklich ist. Während Daniel Gerlach kritisch auf die israelische Regierung blickte, sagte Journalist Philipp Peyman Engel immer wieder: "Iran ist dasjenige Regime, das den Weltfrieden gefährdet. Das iranische Regime ist (...) diejenige politische Kraft im Nahen Osten, die sagt: Wir werden Israel auslöschen!" Engel wetterte weiter, dass es "kein Iran (...) mit Atombombe" geben dürfe, da dies "hochriskant für Israel" sei: "Es bedeutet auf kurz oder lang die Auslöschung des jüdischen Staates. Es ist auch eine Gefahr für den gesamten Westen und auch für die USA." Norbert Röttgen musste dem zustimmen. Er fügte hinzu: "Ich habe keinen Zweifel daran, dass das iranische Regime unumkehrbar entschlossen ist, Atommacht zu werden."
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Teaserbild: © ZDF / Cornelia Lehmann