Wie wahrscheinlich ist eine positive Wendung im Bereich des deutschen Wohnungsbaus? Bei "Markus Lanz" zeigte sich Bauministerin Verena Hubertz höchst zuversichtlich, während sowohl der ZDF-Moderator als auch Ökonom Matthias Günther skeptisch auf die Versprechen der SPD-Politikerin reagierten.
Mit dem sogenannten Wohnungsbauturbo versprach Bundesbauministerin
Das Thema der Runde
Deutschland hat bereits seit Jahren ein echtes Wohnproblem. Die Anzahl der Sozialwohnungen schrumpft und die Mieten steigen, während der Bau neuer Wohnungen weiter stockt.
"Wann ist das so aus dem Ruder gelaufen?", wollte Markus Lanz deshalb am Mittwochabend in seiner Sendung wissen. Dabei blickte er auf die neue Bundesbauministerin Verena Hubertz, die jüngst die Beschleunigung von Bauvorhaben versprach. Ein Versprechen, das von Experten skeptisch beäugt wird.

Die Gäste bei "Markus Lanz"
- SPD-Politikerin Verena Hubertz sprach über ihre Pläne für mehr bezahlbaren Wohnraum: "Wohnen darf kein Markt sein wie jeder andere."
- Journalistin Kerstin Münstermann blickte auf das Selbstbewusstsein der neuen Bundesbauministerin: "Da nicht zu zögern - Hut ab!"
- Ökonom Matthias Günther äußerte sich zu den vielfältigen Ursachen des angespannten Wohnungsmarktes: "Die Mietpreisbremse hat noch nie das gemacht, was sie sollte - nämlich bremsen."
- Investigativjournalist Rainer Fleckl gab einen Einblick in die bekannte Bauruine in Hamburg - den Elbtower: "Wir reden mittlerweile tatsächlich über die größte Pleite der europäischen Nachkriegsgeschichte."
Das Wortgefecht
Bei "Markus Lanz" musste sich die neue Bundesbauministerin Verena Hubertz den strengen Fragen des ZDF-Moderators stellen. Zunächst wollte Lanz wissen: "Was haben Sie gemacht, als der Anruf kam?" Hubertz antwortete ehrlich: "Als
Eine Aussage, die den ZDF-Moderator nicht zu überzeugen schien: "Okay, das ist der Text für die Werbebroschüre für die SPD." Lanz hakte stichelnd nach: "Hätten Sie auch ein anderes Ministerium übernommmen?" Verena Hubertz reagierte sichtlich genervt: "Die Frage hat sich nicht gestellt."
Lanz ließ dennoch nicht locker und sagte: "Aber ich stelle sie gerade." Die SPD-Politikerin ließ sich davon nicht beirren und konterte entschieden: "Ich bin hier nicht zum Philosophieren. Ich finde, das Bauministerium passt super zu einer Unternehmerin." Als der ZDF-Moderator klarstellte, dass er "zum Fragen stellen da" sei, erklärte Verena Hubertz, dass es ihr nicht um die Frage des Ministeriums gehe.
Lanz fragte unbeirrt weiter: "Arbeit und Soziales, hätten Sie gemacht?" Hubertz reagierte lachend: "Da bin ich sehr dankbar, dass Bärbel Bas das macht." Eine Aussage, die den Moderator überraschte. Er wollte wissen, ob sie froh sei, "dass der Kelch an Ihnen vorbeigegangen ist". Eine Anspielung, auf die sich Verena Hubertz nicht einlassen wollte, denn: "Das ist ja kein Kelch! Das ist sozialdemokratische Herzenspolitik." Lanz konterte energisch: "Das ist die Hölle!" Hubertz hielt prompt dagegen: "Nein, die Hölle ist das nicht. Da gibt es viel zu bewegen und viel zu regeln." Der ZDF-Moderator ergänzte streng: "Diese Systeme zu reformieren, das ist fast ein Ding der Unmöglichkeit. Das wissen Sie auch!"
Lanz machte in dem Zusammenhang auf Ex-Bauministerin Klara Geywitz aufmerksam, die einst 400.000 Wohnungen versprach und kläglich scheiterte. "Was für eine Zahl haben Sie im Kopf?", wollte Lanz wissen. Hubertz antwortete deutlich: "Als Unternehmerin weiß man, man meißelt nicht eine Zahl in Stein und dann läuft man vier Jahre hinterher." Sie fügte selbstbewusst hinzu, dass sie die Zahl nicht sage, da "ich die sowieso nicht schaffe", sondern sie wolle vielmehr "regional-spezifisch gucken, wie entwickeln sich Einwanderung und der demografische Wandel. Und wir wollen so viel bauen wie geht".
Journalistin Kerstin Münstermann zeigte sich skeptisch und sagte über die fehlende Zahl an potenziell neuer Wohnungen: "Ob das viel besser ist, weiß ich nicht. Weil Sie müssen liefern, das wissen Sie."
Die Offenbarung des Abends
Ökonom Matthias Günther zeigte sich bei "Markus Lanz" skeptisch mit Blick auf die Zukunft des deutschen Wohnungsbaus: "Es wird auf jeden Fall schwierig, was da die nächsten Jahre vor uns liegt. Und das Ziel unter 15 Euro Miete im Neubau, das wird schon sehr schwer, das zu erreichen." In Städten wie München, Hamburg oder Köln werde so ein Preis "praktisch nicht möglich sein, weil da einfach die Grundstücke viel zu teuer sind."
Dazu teilte Günther seine Sorge: "Das ganz große Problem sind im Moment die Finanzierungskosten." Diese seien einer der Gründe, warum die Baubranche schwer zu leiden habe. Es gebe "einen kompletten Zusammenbruch im Bereich der Ein- und Zweifamilienhäuser", weil "die Leute es schlicht und einfach nicht mehr bezahlen können".

Markus Lanz nickte nachdenklich: "Bauen ist in den letzten Jahren signifikant teurer geworden." Eine Aussage, der Matthias Günther nur zustimmen konnte. Er fügte hinzu, dass reine Baukosten teilweise bei 4.000 bis 5.000 Euro pro Quadratmeter liegen. Es gebe jedoch Modell-Versuche, die preislich bei der Hälfte liegen - trotz Einhaltung der Baustandards. "Wir haben mit die besten Standards dieser Welt. (...) Das sind ja keine schlechten Bauten, die dabei rauskommen", so der Ökonom.
Er ergänzte, dass sicher noch Formalien und Regulierungen gestrichen werden könnten, um die Preise weiter zu senken. Verena Hubertz nickte: "Es gibt eine Regel, wie denn die Dachrinne gewellt ist. Merkt doch keiner! (...) Und da spart man Geld." Die SPD-Politikerin versprach daraufhin positive Veränderungen im Baubereich und stellte klar: "Man kann mich an Tempo messen, an Technologie und Toleranz!"
Während die Bauministerin hoffnungsvoll blieb, reagierte Matthias Günther verhalten. Der Ökonom sagte, dass es schnell "ein Konjunkturprogramm Wohnungsbau" brauche, um "kurzfristig tatsächlich den Bau wieder nach vorne zu bringen".
Der Erkenntnisgewinn
In seiner Sendung stellte Markus Lanz mehrmals klar, dass Bauen die neue soziale Frage unserer Zeit ist. Eine Ansicht, die Ökonom Matthias Günther nur teilen konnte. Er sagte, dass ein weiteres großes Problem sei, dass die Bauwirtschaft bereits anfange, "Kapazitäten abzubauen". "In der Baustoffindustrie wurden schon Werke geschlossen und wir müssen da eigentlich dringend dagegenhalten, weil wir brauchen eben mehr Wohnungsbau als die 250.000, die wir im Moment haben", so Günther.
Lanz reagierte fassungslos: "Wir bauen Kapazitäten ab, (...) obwohl wir dringend neue und mehr Wohnungen bräuchten? Das ist der tödliche Kreislauf, in dem wir gerade sind?" Der Ökonom stimmte energisch zu: "Das ist der Kreislauf, in dem wir im Moment stecken." Laut Günther müsste die neue Bundesregierung jetzt "sehr schnell Initiative" ergreifen. Eine Forderung, der Verena Hubertz gerne nachkommen will: Man werde "massiv in den Wohnungsbau weiter investieren, aber wir müssen auch die Baukosten runterbekommen." © 1&1 Mail & Media/teleschau