Maybrit Illner hatte am Donnerstagabend (15.) Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) zu Gast. Mit ihr sprach er über seine Pläne für Außenpolitik, Migration, Wirtschaft und Klimaschutz. Bei einem wichtigen Thema gab er unverhohlen zu, noch keine Antworten zu haben und bei einer sicherheitspolitischen Frage kündigte er an: "Wir werden das anders machen." Und dann klang er mit einem Satz plötzlich wie Angela Merkel.

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Noch keine zwei Wochen im Amt, war Bundeskanzler Friedrich Merz am Donnerstagabend (15.) bei Maybrit Illner zu Gast. Die wollte mit dem 69-Jährigen über seinen schwierigen Start und die großen Erwartungen, die auf ihm lasten, sprechen. "Welche Antworten hat Merz auf die großen Krisen in der Welt und in Deutschland?"

Auftakt machte die Regierungserklärung von Merz im Bundestag. Darin hatte er von den Bürgerinnen und Bürgern eine "gewaltige Kraftanstrengung" gefordert. Ob man nicht erst einmal bei sich selbst anfangen müsse, wollte Illner wissen.

Friedrich Merz klingt plötzlich nach Angela Merkel

Merz entgegnete, er habe die Koalition zuerst in die Pflicht genommen und lege an sie hohe Maßstäbe an, aber: "Das können wir nicht alleine schaffen." Dafür brauche man Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften, Unternehmerinnen und Unternehmer sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Die Frage laute – und da hörte sich Merz auf einmal nach Angela Merkel an: "Können wir in diesem Land auch mal die Ärmel hochkrempeln und sagen: Wir packen das jetzt mal an und schaffen das? Ich glaube ja, es geht." Diese Aussage erinnerte stark an Merkels bekannten Satz "Wir schaffen das" während der Flüchtlingsdebatte 2015.

Illner erinnerte dann daran, dass die Ampel-Regierung vor allem an Streit gescheitert war und fragte den neuen Bundeskanzler: "Wird es so beginnen, wie die Ampel endete?" Schließlich sei man sich jetzt bereits bei Themen wie Taurus, Rente für Beamte, Lieferkettengesetz und Ausgaben von fünf Prozent für Verteidigung uneinig.

Merz will USA an seiner Seite halten

Merz gab es zu: "Wir haben unsere unterschiedlichen Auffassungen nicht an der Garderobe abgegeben." Man habe sich aber auf gemeinsame Vorhaben geeinigt. "Wir werden in Brüssel jetzt mit einer Stimme sprechen", kündigte er beispielsweise in Bezug auf die Außenpolitik an. "Wir müssen die Fähigkeit entwickeln, den europäischen Kontinent aus eigener Kraft heraus verteidigen zu können", mahnte er.

Ein nächstes Sanktionspaket trete bereits kommende Woche in Kraft, ein weiteres werde gerade ausgearbeitet. "Wir haben in Europa die Initiative ergriffen, wir gehen gemeinsam diesen Weg und, wo immer möglich, gemeinsam mit Amerika", bekräftigte er. "Ich versuche alles, um die Amerikaner bei uns, an unserer Seite zu halten." Man habe es in den letzten Tagen diplomatisch mit Wladimir Putin versucht – er habe sich durch sein "Nicht-Erscheinen" in Istanbul jedoch "ins Unrecht gesetzt".

Merz: "Widerspreche ganz energisch"

Illner meldete Zweifel an, ob die "große Einigkeit, die da auf dem Sofa saß", nun eine Einigkeit geworden sei, "die zerbröselt". Merz wurde vehement: "Nein, da widerspreche ich ganz energisch. Wir bleiben auf der europäischen Seite abgestimmt zusammen." Außenpolitische Berater aus Frankreich, Polen, Großbritannien und Deutschland seien nach Istanbul gereist, um helfen und eingreifen zu können. "Europa sitzt mit einer Stimme am Tisch", bekräftigte er.

Als Illner versuchte, Zusagen in Sachen Taurus zu bekommen, wiegelte Merz schnell ab: "Das alles ist eine Diskussion, die ich nicht gerne öffentlich führen möchte." Putin habe in den letzten Jahren nur abends deutsches Fernsehen schauen müssen, um zu sehen, was die Europäer planen. "Das ist ein strategischer Vorteil für ihn und ein strategischer Nachteil für uns", so der Kanzler. Seine Devise: "Wir wollen das anders machen." Er gehe aber grundsätzlich davon aus, dass "die Amerikaner dabeibleiben".

Merz: "Möchte, dass Grenzen offenbleiben"

Illner wechselte zum Thema Migration. Merz stellte klar: "Ich möchte, dass die Grenzen offenbleiben – für den Personen-, Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr." Dennoch seien Kontrollen möglich, zulässig und würden durchgeführt.

Er erklärte: "Wenn wir den Kern des Asylrechts aufrechterhalten wollen, müssen wir sorgfältiger unterscheiden zwischen denen, die wirklich einen Asylgrund haben und solchen, die aus ganz anderen Motiven zu uns kommen." Das deutsche Vorgehen an den Grenzen sei im Einklang mit europäischem Recht.

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Noch keine Antworten bei wichtiger Frage

Der Wirtschaft versprach er, Planungssicherheit herzustellen und zeitnah beispielsweise Abschreibungsentscheidungen zu treffen und das deutsche Lieferkettengesetz abzuschaffen. "Mit 4-Tage-Woche und Work-Life-Balance werden wir die Probleme in unserem Land nicht lösen", bekräftigte Merz. Weiter sagte er: "Wir können nicht auf dem Rücken der jungen Generation das austragen, was die Generation ihrer Eltern versäumt hat, zu tun."

Ein besonderes Augenmerk liege auf der Zukunft der Sozialversicherungsbeiträge. "Ich will gar nicht verhehlen, dass ich noch keine abschließende Antwort habe – weder für die Kranken, Renten- noch die Pflegeversicherung. Ich habe erste Teile einer Antwort", räumte Merz ein.

Merz: "Machen den Klimaschutz anders"

In puncto Klimaschutz äußerte Merz: "Wir machen den Klimaschutz jetzt anders – nicht, in dem wir die Unternehmen aus Deutschland raus vertreiben." Man werde nicht mit dem erhobenen Zeigefinger durchs Land laufen und den Leuten erklären, wie sie zu heizen, Auto zu fahren oder zu essen hätten. Stattdessen setze man auf Technologieoffenheit.

Zum Abschluss äußerte sich Merz zum Umgang mit der AfD und sprach sich gegen ein Verbotsverfahren aus. "Wir könnten der Partei keinen besseren Gefallen tun, als jetzt eine Verbotsdebatte zu führen oder ein Verbotsverfahren zu initiieren", war er sich sicher. Stattdessen brauche es eine inhaltliche Auseinandersetzung.

Teaserbild: © ZDF/Thomas Kierk